Tram für Lübeck

Ein Straßenbahn in Lübeck bedeutet, das gesamte Verkehrssystem neu auszurichten und den Straßenraum umzubauen. Selbstverständlich kann ein Projekt dieser Größe nur mit Zustimmung der Stadtgesellschaft umgesetzt werden. Deshalb ist es wichtig, von Anfang an viele Perspektiven mitzudenken.

  • Integration ins Verkehrssystem

    Eine Verkehrswende schaffen wir nur mit einem starken Umweltverbund. Die einzelnen Bestandteile dürfen sich dabei nicht gegenseitig behindern! Natürlich muss aber auch der Pkw-Verkehr eingebunden werden.

  • Städtebauliche Integration

    Lübecks Altstadt ist Weltkulturerbe! Diesen Status muss (und kann) eine Straßenbahn erhalten. Doch auch außerhalb der Altstadtinsel wird sie sich in den hanseatischen Charme unserer Stadt einordnen müssen – oder diesen sogar aufwerten?

  • Soziale Gerechtigkeit und Barrierefreiheit

    Eine Verkerswende kann nur gelingen, wenn sie Mobilität für alle bedeutet! Bezahlbarkeit, Barrierefreiheit und faire Arbeitsbedingungen für das Personal sind deswegen unverzichtbar bei der Einführung einer Straßenbahn.

  • Klimaanpassung und Biodiversität

    Auch unabhängig davon, dass Straßenbahnen Null-Emissions-Verkehrsmittel sind, können sie zum Klima- und Biodiversitätsschutz beitragen – Stichwort Entsiegelung.

  • Bürger:innenbeteiligung

    Eine Lübecker Straßenbahn ist ein Projekt für die Menschen in Lübeck. Was liegt näher als mit den zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern ins Gespräch zu kommen?

Integration ins Verkehrssystem

Um den ganzen Umweltverbund sinnvoll und sicher zu gestalten, möchten wir als Tram für Lübeck mit anderen Verbänden und Bürger:innen ins Gespräch über das gemeinsame Ziel der Verkehrswende kommen!

Rad- und Fußverkehr

Insbesondere Radfahrende und Fußgänger:innen sind als vulnerable Gruppe im Straßenverkehr besonders zu schützen. Soweit möglich, sollten diese dafür separat von Straßenbahnen geführt werden, was in direkter Konsequenz die Umverteilung des Straßenraums bedeutet. Unter anderem werden also vierspurige Straßen und Parkstreifen neu verhandelt werden müssen.

Dort, wo diese Verkehre dennoch aufeinander treffen, sind sichere Übergänge und flüssige Ampelschaltungen unerlässlich. Sicherheit beim Passieren von Schienen spielt vor allem für Radfahrende eine wichtige Rolle, die durch ungünstige Überfahrwinkel Gefahr laufen, zu stürzen. Zur Vermeidung solcher Unfälle werden aktuell beispielsweise Systeme getestet, bei denen die Schienen mit Spezialgummis befüllt werden. Bis diese zufriedenstellend funktionieren, muss jedoch noch weitere Arbeit in die Entwicklung gesteckt werden. »

Rad-, Fuß- und Schienenverkehr können sich jedoch auch ergänzen! Durch mehr Platz im Innenraum bieten Straßenbahnen neue Möglichkeiten für intermodalen Verkehr, beispielsweise durch eine verbesserte Fahrradmitnahme im ÖPNV.

Busverkehr

Sollte Lübeck ein Straßenbahnsystem einführen, wird dieses Hauptlastträger des ÖPNV. Das bedeutet auch, dass sich die Rolle des Busverkehrs grundlegend verändert und dementsprechend umstrukturiert werden muss. Im Wesentlichen übernehmen die Buslinien dann eine Zubringerfunktion zur Straßenbahn.

In der Potentialanalyse wurde ein Basis-Straßenbahnnetz mit vier Linien erarbeitet sowie ein begleitendes Busnetz, das genau diese Rolle erfüllen würde. Einige der aktuell fahrenden Buslinien fallen in den Planungen komplett weg, einige neue ermöglichen die Erschließung von Gebieten, die bisher nur schlecht an den ÖPNV angebunden sind. 

Es geht also natürlich nicht darum, Straßenbahn und Busverkehr gegeneinander auszuspielen, sondern sie so miteinander zu verknüpfen, dass die Straßen entlastet werden und der ÖPNV für möglichst viele Menschen zu einer attrtaktiven Alternative zum Auto wird.

Pkw-Verkehr

Verkehrswende bedeutet zwar Reduktion des motorisierten Individualverkehrs, doch Pkw-Verkehr wird es wohl immer geben; jedoch im Vergleich zu heute in deutlich reduziertem Rahmen. Natürlich muss dieser also in die Planung mit eingebunden werden, unter anderem durch geeignete Anbindungen an das Straßenbahnnetz. Diese könnte durch Park-and-Ride-Stationen realisiert werden.

Städtebauliche Integration

Die Lübecker Innenstadt ist der wirtschaftliche, soziale und kulturelle Dreh- und Angelpunkt für viele Lübecker:innen. Eine Straßenbahn sollte also nicht an ihr vorbeiführen, sondern die Altstadt und alle anderen Stadtteile besser verknüpfen. Es muss ein Weg gefunden werden, sie durch den Stadtkern zu führen, auch wenn große Teile der Lübecker Innenstadt denkmalgeschützt sind. Beim Bau einer Straßenbahn ist also Kreativität gefragt! 

Enge Kurven

Wie viel Platz Straßenbahnen in Kurven tatsächlich brauchen, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Fahrzeugbreite, Fahrzeugtyp und natürlich, ob ein- oder zweispurig geführt wird. In der Potentialanalyse wurde mit genau diesen Parametern untersucht, wie und wo eine Straßenbahn über die Altstadt fahren kann. Beim dort erarbeiteten Basisnetz wäre nur eine der vier Linien überhaupt von Einschränkungen in Kurvenbereichen betroffen.

Oberleitungen

Ein weiterer kritischer Punkt auf der Altstadtinsel könnte die Vereinbarkeit von Oberleitungen und historischem Stadtbild sein. Vor diesem Problem standen auch einige französische Städte, die daraufhin Alternativen entwickelten.

In der Potentialanalyse wird vorgeschlagen, sich am Luxemburg zu orietieren. Dabei wären Straßenbahnen in Lübeck mit Fahrzeugbatterien ausgestattet, die an zentralen Haltestellen auf der Altstadt aus dem Gleisbett heraus aufgeladen werden können. Außerhalb der Altstadt könnte dann wieder über Oberleitungen versorgt werden. 

Übrigens: Bordeaux versorgt seine Straßenbahn in der Innenstadt ebenfalls ohne Oberleitungen (allerdings nach einem anderen System als dem hier beschriebenen aus Luxemburg) und konnte seinen Status als Weltkulturerbe auch nach Einführung der Straßenbahn erhalten!

Vielleicht ja eine Chance…

Aber vielleicht stört ein Straßenbahnsystem das Stadtbild gar nicht mehr als graue, riesige Parkplätze, immer größere Parkhäuser und tausende Autos jeden Tag? Die Einführung einer Straßenbahn kann als gute Gelegenheit zur Stadtsanierung und Stadtverschönerung genutzt werden und durch auffällige, auf die Stadt zugeschnittene Farbgebungen, Muster oder Formen als Imageträger bei der touristischen Vermarktung unterstützen.

Durch eine umfassende Bürger:innenbeteiligung und Gestaltungswettbewerbe kann ein individuelles Bild erdacht und Wirklichkeit werden. Die Lübecker Straßenbahn würde so gut in das Stadtbild eingebunden und positiv aufgenommen.

Viele französische Städte haben bereits ihre ganz eigene Grafik entwickelt: In Reims ist das Champagnerglas prägend für das Erscheinungsbild der Tram, in Mulhouse die bunten Torbögen oder in Lyon die Seidenraupe.

Soziale Gerechtigkeit und Barrierefreiheit

Mit einer Straßenbahn für Lübeck soll das Angebot des ÖPNV massiv verbessert werden. Damit wird ein entscheidender Hebel auf dem Weg zu einer gelungenen Verkehrswende umgelegt, aber das reicht noch nicht!

In der Preisgestaltung des ÖPNV muss auf Bezahlbarkeit geachtet werden und es sollte auch über innovative Konzepte, z. B. im Bereich der Umlagefinanzierung, nachgedacht werden. Denn nur mit günstigen Preisen kann die Tram als Herzstück des Lübecker ÖPNVs gute Mobilität für alle garantieren.

„Für alle“ bedeutet für uns, dass die Barrierefreiheit sowie die alters- und familiengerechte Ausstattung bei der Haltestellen- und Innenraumgestaltung der Straßenbahn eine zentrale Rolle spielen müssen. Diese Aspekte dürfen nicht erst im Nachhinein ergänzt werden, sondern müssen von Anfang an in den Planungsprozess integriert werden.

Klimaanpassung und Biodiversität

Der schwindenden Biodiversität gerade im städtischen Raum können wir vor allem eines entgegensetzen: Grünflächen und Verbindungen zwischen diesen Grünflächen.

Mit keinem anderen Verkehrsmittel als Straßenbahnen lässt sich Straßenfläche entsiegeln und weiterhin für Mobilität nutzbar halten. Rasengleise können durch mehr Grün im Straßenraum und mithilfe insektenfreundlicher Blühstreifen am Rand die Biodiversität und die Lebensqualität Lübecks erhöhen.

Darüber hinaus unterstützt diese stadtweite Entsiegelung die Klimaanpassung: Mitten in der Stadt werden Versickerungsflächen für Regenwasser geschaffen und die Grünflächen können auch in heißen Sommer durch Verdunstung zur Regulierung der innerstädtischen Temperaturen beitragen. Diese Effekte könnten auch durch Tram-Alleen weiter verstärkt werden.

In Lübeck sollte daher gezielt geprüft werden, an welchen Tram-Relationen Rasengleise und weitere Grünelemente angelegt werden können.

Bürger:innenbeteiligung

Eine Straßenbahn in Lübeck ist für die Menschen in Lübeck da. Entsprechend sollten die Bürger:innen vor Ort in einem intensiven Beteiligungsprozess inklusive kompetenter Beratung vor und während des Baus eingebunden werden. Einige Städte wie Mainz mit seiner Mainzelbahn und der umfassenden Bürger:innenbeteiligung gehen mit gutem Beispiel voran, um die Attraktivität und die Akzeptanz einer Tram zu maximieren.