Tram für Lübeck

Projektablauf

Nicht allein. Die Förderfähigkeit eines neuen schienengebundenen öffentlichen Nahverkehrs ist sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene gerade herausragend gut. Vor allem dank des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) auf Bundesebene können Kommunen schienengebundene Projekte mit hohen Summen fördern lassen. Beispielsweise kann der Bau einer Tram in Kiel mit 90% Fördermitteln geplant werden, von denen der Großteil vom Bund kommt. »

Bei der Systementscheidung für eine Tram für Kiel anstelle eines Bus-Rapid-Transit-Systems (BRT) waren die deutlich günstigeren Fördermöglichkeiten der Tram ein entscheidendes Argument. Denn obwohl in eine Tram bei der Neueinrichtung im Vergleich zu nicht schienengebundenem ÖPNV mehr investiert werden muss, steht und fällt die Realisierung mit dem Betrag, den die Stadt, z.B. Kiel oder Lübeck selbst übernehmen muss – und dieser lässt sich bei der Tram am weitesten reduzieren.

Straßenbahn und Bus im Vergleich

Über die Anschaffung einer Tram hinaus gibt es bei der Betrachtung des laufenden Verkehrsbetriebs einige Vorteile: Straßenbahnwagen haben eine Lebensdauer von bis zu 50 Jahren, Busse liegen bei ca. 12 Jahren. Außerdem kann eine Tram hinsichtlich der Transportkapazität bis zu fünf Gelenkbusse ersetzen. Das heißt, für den Ausbau auf einen vergleichbaren Takt mit vergleichbaren Fahrgastpotenzialen braucht es erheblich mehr einzelne Busse als Tram-Wagen, was material- und kostenintensiver ist. Hervorzuheben sind auch die höheren Einnahmen durch den Betrieb einer Tram. Diese überzeugt durch den Schienenbonus in der Regel mehr Fahrgäste als Busse, sodass Straßenbahnen im Betrieb wirtschaftlicher sind als ein überlastetes Bussystem. 

Öffentliche Gelder für öffentlichen Verkehr

Berücksichtigt man darüber hinaus die gesamtgesellschaftlichen Kosten, die durch zunehmende Klimafolgen entstehen, lohnt sich nachhaltig wirksamer Klimaschutz in CO2-intensiven Bereichen wie der Mobilität. Eine klimafreundliche Verkehrswende bedeutet auch nicht zwingend, dass im Verkehrsbetrieb ab jetzt dauerhaft mehr Geld ausgegeben wird als bisher, sondern dass die bisherige Verteilung der Budgets neu gedacht werden muss. So werden Fahrbahnen, Stellplätze und Infrastruktur für den Pkw-Verkehr mit öffentlichen Geldern gebaut, gewartet und saniert – im aktuellen Status Quo wird also viel vermeintlich unsichtbares Geld für eine nicht öffentlich zugängliche Mobilität ausgegeben, auch auf kommunaler Ebene. Für einen starken ÖPNV mit Straßenbahn würden diese öffentlichen Gelder jedoch tatsächlich für öffentlich zugängliche Mobilitätsformen genutzt werden.

Ein Zeitraum für die Wiedereinführung der Straßenbahn lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt seriös nicht benennen. Planungszeiten, Genehmigungsverfahren, Bauablauf und letztendlich auch politische Entscheidungsprozesse können wir (leider) nicht vorhersehen.

Bis zur Inbetriebnahme einer Straßenbahn werden mit Sicherheit viele Jahre vergehen. Umso wichtiger ist es, diesen Zeitraum zielgerichtet zu gestalten!

Sinnvolle Zwischenlösungen sowohl für den ÖPNV mit Bussen bis und während der Bauzeit als auch hinsichtlich der Baustellengestaltung sind unverzichtbar. In allen Städten, die die lange Reise zu einer Straßenbahn in den letzten Jahren auf sich genommen haben, findet viel Bürgerbeteiligung statt. Bei Trassenspaziergängen werden sinnvolle Haltepunkte oder auch kritische Infrastrukturen, die durch die temporäre Baustellensituation belastet werden könnten, diskutiert. Berechtigte Sorgen zur Zugänglichkeit des Einzelhandels für den Liefer- und Kundenverkehr werden offen diskutiert und müssen gelöst werden. Denn einem gut an die Straßenbahnen angebundenen Einzelhandel geht natürlich die Bauzeit voraus.

Ähnlich wie bei größeren Fahrbahnsanierungen, wie sie oft auch in belebten Stadtteilen stattfinden, müssen viele Bedürfnisse wie die Mobilität, die Zugänglichkeit und die Lebensqualität in Einklang gebracht werden. Das ist wichtig und vor allem machbar.

Mit der Verbesserung des ÖPNVs kann frühzeitig begonnen werden. Mehr Linien, ein dichterer Takt sowie günstigere Tarife sind Maßnahmen, die mit Bussen getragen werden können. Sobald die Straßenbahn fertig ist, würden diese weiterhin auf Zubringerstrecken und für eine hervorragende Anbindung weiter entfernterer Stadtteile eingesetzt werden. Ein starker ÖPNV mit Straßenbahn beinhaltet eine stadtweite Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, die auch abseits der Schienen deutlich spürbar sein muss.

Ohne einen hochwertigen ÖPNV werden die angestrebten Modal-Split-Werte für den Lübecker ÖPNV bis 2040 nur schwierig zu erreichen sein – diese sind im Kontext der Mobilitätswende aber essentiell für das Erreichen der Klimaziele.

Klimaneutralität bis 2040 bedeutet vor allem Klimaneutralität ab 2040, das heißt, dass wir langfristig zuverlässige und klimaneutrale Systeme brauchen, nicht länger punktuelle Schönheitskorrekturen. Eine grundlegende Neuordnung der Verkehrsplanung in Lübeck, wie sie mit einer Tram möglich wäre, kann den Weg zu einer klimaneutralen und menschenfreundlichen Mobilität bereiten.

Darüber hinaus könnte und müsste der ÖPNV auch schon während der Bauzeit der Tram gestärkt werden. Würde die Tram heute beschlossen, könnte sie schon vor 2035 in einer ersten Ausbaustufe durch Lübeck fahren – wir wären also noch im Fahrplan für eine zukunftsfähige Mobilität.

Uns als Tram für Lübeck e.V. geht es um eine ganzheitliche Mobilitätswende in Lübeck hin zu einem starken Umweltverbund, der allen Bürger:innen gute Mobilität anbietet. Zu diesem Umweltverbund gehört nicht nur der ÖPNV, sondern auch der Rad- und Fußverkehr. Der Erfolg der Wiedereinführung einer Tram ist also grundsätzlich an eine vorrangige Berücksichtigung von Fuß- und Radwegen geknüpft. 

Unter einer ausreichenden Berücksichtigung des Fuß- und Radverkehrs verstehen wir breite und sichere Wege, ein lückenloses Netz, alltagstaugliche Konzepte zur Fahrradmitnahme in der Straßenbahn und barrierefreie Übergänge. Neben einer klugen Verkehrsführung ist das Einbeziehen technischer Lösungen wichtig, die das Überqueren der Schienen mit dem Fahrrad erleichtern sollen.

Technologie und Alternativen

Nein, die Tram ist fast genauso jung wie das Auto. Sie ist nur sechs Jahre älter und veraltet sind Systeme erst dann, wenn sie nicht weiterentwickelt wurden. Aber die Tram hat in den letzten Jahrzehnten einige Fortschritte gemacht. Zwar wurde sie in den 1960er und 1970er Jahren vielfach mit der Bewertung als „veraltet“ abgeschafft, erlebt aber seit den 1980er Jahren eine weltweite Renaissance. »

Keine Wiedereinführung der historischen Straßenbahn

So würde die moderne Straßenbahn für Lübeck auch grundlegend anders aussehen als die historische Straßenbahn, die noch in den 1960ern durch die Innenstadt fuhr. Heutzutage ist der Fahrzeugboden auf einer Ebene mit der Haltestellenkante, die Fahrwerke wurden deutlich verbessert, sind ruhiger, größer und komfortabler. Inzwischen werden in den großen Netzen Fahrzeuge von bis zu 60 Metern Länge eingesetzt. Barrierefreiheit, Komfort, die Vereinbarkeit mit dem Radverkehr und die städtebauliche Integration von Straßenbahnen stehen mehr im Vordergrund der Entwicklungen als dies um 1960 der Fall war. Darüber hinaus ist die Tram das einzige Verkehrsmittel, auf dessen Trassen Straßenfläche entsiegelt werden kann – sogenannte Rasengleise sind möglich. Eine derart zukunftsfähige Verzahnung von Klimaschutz und schneller Mobilität verdient auf jeden Fall die Bezeichnung als modernes System.

Autonom auf Schiene

Die Möglichkeiten, eine Straßenbahn autonom zu steuern, werden ebenso wie beim Pkw kontinuierlich erforscht und weiterentwickelt. Aufgrund dessen, dass eine Straßenbahn von selbst durch die Schienen in der Fahrspur gehalten wird, sind die Bedingungen für diese neue Technologie gut. Letztlich besticht die moderne Straßenbahn jedoch mit Argumenten, die losgelöst vom autonomen Fahren schon jetzt erreichbar sind: robuste, langlebige Infrastruktur; komfortable und gleichmäßige Fahrt; Fahrzeuge mit langer Lebensdauer und langen Wartungsintervallen; geringer Platzverbrauch im Vergleich zum Bus oder Pkw.

Mit einer konsequenten Verkehrswende, die den Anteil des Umweltverbunds (ÖPNV, Rad- und Fußverkehr) über den des motorisierten Individualverkehrs (MIV, private PKWs) hebt, würden auch bei Einführung einer Tram zukünftig mehr Busse in Lübeck fahren als jetzt – mindestens zu dem Zweck, kleinere Stadtteile und das Umland mit einer Tram zu verknüpfen. Jedoch könnte mithilfe einer Tram zumindest auf der Lübecker Altstadtinsel das derzeit viel Lärm verursachende Busaufkommen reduziert werden – und das bei gleichzeitiger Erhöhung der Fahrgastplätze: Ein ca. 40m langer Straßenbahnzug hat die Transportkapazität von ungefähr fünf Gelenkbussen.

Mit der Verbesserung des ÖPNVs kann mit Hilfe von Bussen auch während der Bauzeit begonnen werden. Mehr Linien, ein dichterer Takt sowie günstigere Tarife sind Maßnahmen, die sogar mehr Busse als heute nach sich ziehen könnten. Sobald die Tram fertig ist, würden diese weiterhin auf Zubringerstrecken und für eine hervorragende Anbindung weiter entfernterer Stadtteile eingesetzt werden. Ein starker ÖPNV mit Tram beinhaltet eine stadtweite Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, die auch abseits der Tram-Trassen deutlich spürbar sein muss.

Oberleitungsbusse (O-Busse) bieten im Vergleich zu Diesel- und reinen Batteriebussen Umwelt- und Effizienzvorteile. Sie sind durchaus auch geeignet als Brückenlösung auf dem Weg vom reinen Bussystem hin zur Straßenbahn, z. B. durch (Wieder-)Nutzung der Oberleitungsmasten durch eine spätere Straßenbahn. Marburg an der Lahn und Berlin-Spandau setzen beispielsweise auf diese Strategie.

Aber: Es gelingt der Straßenbahn in vielen Fällen, Menschen vom Umstieg in den ÖPNV zu überzeugen, die ansonsten weiterhin das eigene Auto nutzen würden: durch mehr Platz im Innenraum, ruckelfreies und im Verhältnis zum Bus leises Fahren. Dieses Phänomen ist als sogenannter Schienenbonus beschreibbar und schlägt sich deutlich in den Zahlen nieder: Mit einer Straßenbahn können wesentlich mehr Fahrgäste auf gleicher Strecke bei gleicher Taktung dazugewonnen werden als mit Bussen.

In den vergangenen Jahrzehnten ließen sich bei neuen Straßenbahnsystemen bezogen auf das ÖPNV-Gesamtsystem, also inklusive der Busse, Steigerungen von +50 bis +100% verzeichnen. Bei beispielsweise einer neu eingeführten Straßenbahnlinie in Strasbourg stiegen die Fahrgastzahlen von 1991 bis 2006 um mehr als das siebenfache im Vergleich zur vorher eingesetzten Buslinie.

Darüber hinaus sind O-Busse nicht geeignet für mehr Entsiegelung im Straßenraum, da durch die fehlenden Schienen keine Rasengleise mit Blühstreifen möglich werden. Gerade vor dem Hintergrund dringend notwendiger Klimaanpassung in Städten können längere Abschnitte mit Rasengleisen große Chancen darstellen. Es werden Versickerungsflächen für Regenwasser geschaffen, die Stadt im Sommer abgekühlt und bienenfreundliche Flächen können wachsen.

Zunächst einmal steht der Streckenverlauf für die Straßenbahn noch nicht fest – dieser wird erst im kommenden Planungsprozess schrittweise evaluiert.

Weiterhin fahren auch heute bereits Busse durch die Innenstadt und diese müssen wesentlich mehr Platz in Anspruch nehmen als eine Straßenbahn es müsste. Das liegt nicht nur an der geringeren Breite einer Straßenbahn, sondern auch an ihren kleineren Seitenabständen und engeren Kurvenradien. Busse fahren nie ganz auf der Ideallinie im Gegensatz zu schienengeführten Straßenbahnen. Die Schienen garantieren zudem, dass Passant*innen in der Altstadt genau (vorher-)sehen können, wo die Straßenbahn langfährt, was zu mehr Sicherheit führt. Auch optisch könnte eine Tram gut in die Altstadt integriert werden – vielleicht sogar besser als die Busse und die vielen Autos?

Es ist dank Innovationen wie Stromschienen oder Hybridlösungen sogar möglich, Straßenbahnen abschnittsweise ohne Oberleitungen zu bauen, um die Denkmäler der Stadt noch besser zu bewahren.

Noch Fragen?

Schaut euch gerne auf unserer Seite um! Unter „Warum eine Tram“ erklären wir u.a., was der sogenannte Schienenbonus ist und inwiefern Straßenbahnen platzsparend fahren. Welche Perspektiven wir in der Diskussion um die Einführung eines Straßenbahnnetzes versuchen zu berücksichtigen, findet ihr unter „Was wir mitdenken“.

Nicht schlauer als vorher?

Schreibt uns gerne, welche Fragen euch noch unter den Nägeln brennen! Wir freuen uns, mit euch ins Gespräch zu kommen – vielleicht findet ihr eure Fragen dann auch bald auf dieser Seite beantwortet…